HIV behandeln


Behandlung

Therapiemöglichkeiten bei HIV und AIDS

Dank wirksamer Medikamente können HIV-Infizierte heutzutage ein relativ normales Leben führen. Im Gegensatz zu früher geht man heute von einer fast normalen Lebenserwartung aus. Dazu müssen die Medikamente allerdings rechtzeitig, regelmäßig und dauerhaft, das heißt ein Leben lang, eingenommen werden. Das bedeutet aber auch, mit gewissen Nebenwirkungen der Therapie rechnen zu müssen.

Aktuell stehen mehr als 20 Wirkstoffe zur Verfügung, die die Virusvermehrung unterdrücken. In der Regel wird eine Kombination aus drei bis vier Wirkstoffen verordnet. Allerdings lässt sich das Virus nicht komplett aus dem Körper entfernen, da sich ein Teil der Viren in einer Ruhephase (Latenzphase) befindet und in dieser Phase von HIV-Medikamenten „unangreifbar“ ist. Deshalb muss die Therapie gewissenhaft und ein Leben lang durchgeführt werden.

 

 


Um sich in der menschlichen Zelle vermehren zu können, baut das HI-Virus sein Erbgut (RNA) in die menschliche Zelle ein.

Dort wird die Virus-RNA mit Hilfe eines viruseigenen Enzyms (Reverse Transkriptase) in DNA umgeschrieben, damit sie zur menschlichen Erbinformation passt. Die menschliche Zelle ist dann so „umprogrammiert“, dass sie von da an Virusbestandteile produziert, die im Anschluss zu funktionstüchtigen Viren zusammengesetzt werden.

Aufgrund dieses Mechanismus gehört das HI-Virus zu den so genannten Retroviren. Eine gegen das HIV gerichtete Behandlung bezeichnet man als antiretrovirale Therapie.

 

Die heute eingesetzten Medikamente greifen an verschiedenen Punkten der Virusvermehrung an:

  • Entry-Inhibitoren blockieren den Eintritt der Viren in die Wirtszelle 
  • Reverse-Transkriptase-Inhibitoren hemmen die Umschreibung (Transkription) von viraler RNA zu DNA, indem sie
    - sich als falsche Bausteine einschleusen (Nukleosidanaloga und Nukleotidanaloga) und/oder
    - das Enzym Reverse Transkriptase hemmen (nicht nucleosidische Reverse Transkriptasehemmer)
  • Integrase-Inhibitoren blockieren den Einbau von HIV-Erbinformation in die menschliche DNA
  • Protease-Inhibitoren hemmen die Bildung von Virusproteinen

In der Entwicklung sind außerdem so genannte Maturations-Inhibitoren, die die „Reifung“ der Virusbestandteile hemmen.

Voraussetzung für die Wirksamkeit einer HIV-Therapie ist eine ausreichend hohe Wirkstoffkonzentration im Blut. Das erreichen Sie in erster Linie dadurch, indem Sie die Medikamente täglich einnehmen. Für eine erfolgreiche HIV-Therapie spielt also Ihre „Therapietreue“ (med. „Compliance“) eine ganz besondere Rolle. Eine ausreichend hohe Wirkstoffkonzentration stellt z. B. sicher, dass Viren, die von der Ruhephase in die aktive Phase wechseln, bekämpft werden können. Ein solcher Wechsel erfolgt insbesondere dann, wenn die Therapie unterbrochen oder die einzunehmende Dosis verringert wird.

Während der Virusvermehrung entstehen immer wieder neue Varianten des Virus (Mutationen). Diese sind z. T. resistent gegen Wirkstoffe der HIV-Therapie und die Medikamente sind in diesem Fall wirkungslos. Aus diesem Grund werden Medikamente in Kombination eingesetzt, denn sie zielen auf unterschiedliche Angriffspunkte des Virus. Auch um die Bildung von Resistenzen zu unterdrücken, müssen Medikamente immer ausreichend und regelmäßig eingenommen werden.

Anhand von Resistenz-Tests vor und während der Behandlung prüft der behandelnde Arzt, dass genau die Medikamente gegeben werden, die bei den jeweiligen Virusvarianten am besten wirksam sind.

Wann ist der beste Zeitpunkt, eine Therapie zu beginnen? Ganz allgemein kann man sagen: so früh wie möglich. Der genaue optimale Zeitpunkt für den Therapiebeginn ist jedoch noch umstritten, vor allem, wenn bislang noch keine Beschwerden aufgetreten sind. Klar ist, dass alle Betroffene mit Beschwerden behandelt werden sollten. Aktuelle Leitlinien1 besagen, dass auch bei beschwerdefreien Patienten ab einer Zahl von 350-500 Helferzellen pro Mikroliter Blut eine Therapie eingeleitet werden soll. Studien zufolge ergibt auch ein Behandlungsbeginn bereits ab einer Zahl > 500 deutliche Vorteile hinsichtlich schwerer Erkrankungen und Prognose. Die Entscheidung, wann mit der Therapie begonnen wird, liegt aber letztendlich – wie bei allen medizinischen Behandlungen - bei Ihnen.

Für den Therapiebeginn werden bestimmte Kombinationen aus drei Medikamenten empfohlen. Zusätzlich werden in manchen Fällen Wirkverstärker, so genannte Booster, verabreicht.

Der Erfolg einer Therapie zeigt sich an der Viruslast und der Zahl der Helferzellen. Wenn die Virenmenge unter der Nachweisgrenze liegt, hat die Therapie gut gewirkt und Sie sind beim Sex nicht mehr ansteckend. Die Viruslast und die Zahl der Helferzellen sollten einmal pro Quartal kontrolliert werde. Bei erfolgreicher Therapie kann man die Intervalle ggf. auf 6 Monate verlängern.

 

1 Deutsch-Österreichische Leitlinien zur antiretroviralen Therapie der HIV-Infektion. Version 6 auf der Basis der Konsensuskonferenz vom 11.12.2015

Wie bei allen Medikamenten gibt es auch bei den HIV-Medikamenten Neben- und Wechselwirkungen, auf die Sie sich einstellen müssen. Die meisten Patienten kommen jedoch mit der Therapie gut zurecht. Ihr behandelnder Arzt wird immer eine Kombinationstherapie wählen, die möglichst wenig Nebenwirkungen mit sich bringt und bereits bestehende Resistenzen, Medikationen und Gesundheitsrisiken berücksichtigt.

  • Zu den akuten Nebenwirkungen von HIV-Medikamenten zählen Müdigkeit, Völlegefühl, Appetitmangel, Übelkeit, Verdauungsstörungen, Kopfschmerzen, Schwindel und Schlafstörungen. Durch veränderte Einnahmezeiten, Hausmittel oder spezielle Medikamente kann man die Nebenwirkungen meist jedoch ganz gut regulieren.
  • Daneben gibt es aber auch Langzeitnebenwirkungen, die sich erst nach Monaten oder Jahren der Therapie bemerkbar machen. Dazu gehören Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörungen, Bluthochdruck oder Nierenschwäche.
  • Wechselwirkungen der antiretroviralen Therapie mit weiteren Medikamenten können Einfluss auf die jeweiligen Wirkungen und Nebenwirkungen der Medikamente nehmen. Daher muss der Arzt möglichst genau wissen, welche sonstigen Medikamente Sie einnehmen. Dazu zählen unter anderem Medikamente gegen Hepatitis B oder C, Antibiotika, bestimmte pflanzliche Arzneimittel, Schlaftabletten, aber auch Drogen oder Substitutionsmittel.

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